Gedichte eines Matrosen

Die Familie Wohlgehagen aus Rendsburg übergab dem Sea War Museum ein Heft, was ihr verstorbener Großonkel Johannes Hansen Schulz während seiner Dienstzeit als Matrose in der Kaiserlichen Marine geschrieben hatte.

Von 1913 an tat er Dienst auf dem „Linienschiff SMS Schlesien“ und später nahm er auch an der Skagerrak-Schlacht teil.

Eintragungen über tägliche Erlebnisse sucht man vergebens, es sind vielmehr Emotionen und Ängste, die in seinen Texten verarbeitet und in Gedichtform zu Papier gebracht wurden, als schämte er sich, diesen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Durch den Reim schaffte er eine gewisse Distanz zu dem Text.

Johannes Hansen Schulz schreibt nicht viel über den Krieg, viel mehr über die Gefahren, die einem Seemann drohen und über die Sehnsucht nach der Heimat, die alle haben.

Die Gedichte sind in der alten deutschen Schreibschrift Kurrent. Wir haben deshalb eines seiner Gedichte transliteriert, um es lesbar zu präsentieren.

Hier berichtet er über das Torpedoboot „S 126“, das 1905 nach einer Kollision mit dem kleinen Kreuzer „SMS Undine“  vor Kiel versenkt wurde.

Die Kollision fand während eines Schneesturms statt und ein großer Teil der Besatzung kam um.

Torpedoboot S. 126

Schwarz ist die Nacht und über die See

treibt heulend der Schnee,

dumpf dringt aus der Ferne des Nebelhorns Ton

zu der wild dahinfahrenden Torpedobootdivision.

Nicht geht es hinaus zum heißen Kampf,

zum blutigen Waffentanz,

nein zum Manöver, nur ein friedlich Bild

und niemand ahnt´s was für ein Ende es nimmt.

Die Maschinen ächzen und stöhnen dumpf,

leise zittert des Bootes Rumpf.

An Deck steht die Mannschaft am Ausstoßrohr.

Da bricht aus der Ferne der Feind hervor,

zum Angriff schallt es vom Führerboot

und niemand ahnt den frühen Tod.

Keiner, der auf der Brücke steht,

ahnt, dass es jetzt ins Verderben geht,

auf das Boot in rasender Jagd ein Kreuzer

nichts hält ihn auf, tief ins Boot dringt der kalte Strom.

Wohl tönt´s  äußerste Kraft zurück,

doch besiegelt ist des Bootes Geschick.

Tief neigt es sich auf die Seite,

doch hoch von vorne dringt ein Ton,

vorn auf der Brücke im Scheinwerferlicht,

steht ein Matrose mit bleichem Gesicht,

lebe wohl liebe Mutter, ruft er hinab

und sinkt mit dem Boot ins kühle Grab,

und mancher junge Seemann sinkt mit ihm,

doch bis zum letzten Augenblick

gedachten sie alle ihrer Pflicht.

Geschrieben den 8. Oktober 1916

Gedichte eines Matrosen:

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